Eine phänomenologische Studie zum Musikhören in einer 5. Klasse

Forschungswerkstatt: „Digitalisierung und Bildungsmedien“ 2020/21 – Fabian Buck / Andreas Hedrich

Autor*innen: Magdalena Bobardt und Lars Ziegler

Zusammenfassung: Das Forschungsprojekt basiert auf folgenden Fragen:

1. Inwieweit werden Unterschiede im Hörverhalten von Schüler*innen einer 5. Klasse sichtbar zwischen live und akustisch vorgetragener Musik und über einen Bluetooth-Lautsprecher abgespielter, digital produzierter und komprimierter Musik?

2. Inwieweit entstehen intersubjektive Wahrnehmungen beim gemeinsamen Hören verschiedener Musik in einer Schüler*innengruppe?

Studien haben gezeigt, dass digitale Komprimierung von Audiodateien Einfluss auf die neuronale Verarbeitung beim Hören haben kann. Digital produzierte Musik wird oft in komprimierter Form konsumiert. Besonders rhythmische Elemente werden in diesen Produktionen oft gerastert, d.h. dass typische menschliche rhythmische Ungenauigkeiten eliminiert werden. Ein EDM-Song von Avicii wird in diesem Forschungsprojekt einer auf einem Klavier live vorgespielten Walzer-Komposition von Frédéric Chopin gegenübergestellt. 

Methode: Methodisch wurde sich an der auf die Ideen der Phänomenologie fußenden Innsbrucker Vignettenforschung orientiert. Die Forschenden nahmen an einer Unterrichtsstunde in einer 5. Klasse teil, in der nach einem vorher festgelegten Ablauf die beiden Musikstücke dargeboten wurden. Die Forschenden protokollierten ihre Eindrücke zum Hörverhalten und den geäußerten Gedanken der Schüler*innen über die Musik und verdichteten diese in kurzen, in einem intersubjektiven Austausch entstandenen Erzählungen, sogenannten Vignetten.

Ergebnisse: Im Hörverhalten konnte kaum ein sichtbarer Unterschied zwischen den Musikstücken beobachtet werden, der sich auf die o.g. Eigenschaften zurückführen lassen würde. Es hat sich gezeigt, dass die Hörsituation, vor allem die Gruppendynamik, einen weitaus stärkeren Einfluss hatte als angenommen. Einige Schüler*innen hatten bei beiden Titeln einen hohen Bewegungsdrang, während andere durchweg körperlich passiv blieben.

In den verbalen Äußerungen wurden die charakterlichen und klanglichen Unterschiede sowie die Wirkung auf die Schüler*innen jedoch sehr deutlich artikuliert. Der Chopin löste nach eigenen Aussagen Gefühle von Geborgenheit oder Traurigkeit aus, während der Titel von Avicii als energetisch, körperlich mitreißend, aber auch als „wummerig“ oder wie ein „Schrottplatz-Beat“ klingend beschrieben wurde.