Forschungsfrage: Wie und wieviel werden digitale Endgeräte im Musikunterricht genutzt und (inwieweit) deckt dies den Nutzungsbedarf der Schüler:innen ab?

Forschungswerkstatt: „Medienbildung im Fachunterricht. Games, Tools und Medienkompetenz“ 2021/22 – Andreas Hedrich

Autor*innen: Jim Eckhardt, Maximilian Fortmann und Benjamin Stanko

Zusammenfassung:

Scheinbar fast jede:r Schüler:in einer weiterführenden Schule in Hamburg nutzt inzwischen digitale Endgeräte – sei es das eigene Smartphone, der heimische Laptop oder auch ein von der Schule geliehenes Tablet. Die Verwendungsformen werden dabei immer vielfältiger und die Übergänge zwischen produk- und destruktivem Nutzungsverhalten scheinen zunehmend zu verschwimmen. Dennoch bleibt das Potenzial digitaler Endgeräte in diversen Nutzungsbereichen unverkennbar und im modernen Alltag omnipräsent.

Uns als Musiklehramtsstudenten interessiert, inwieweit digitale Endgeräte bereits Einzug in den gymnasialen und stadtteilschulischen Musikunterricht gehalten haben, wo Differenzen in der Nutzungsdichte (wie oft und wie lange digitale Medien genutzt werden) auffällig werden und an welchen Stellen für eine Übereinkunft von Bedarf und tatsächlichem Angebot an digitalen Endgeräten im Musikunterricht noch nachgesteuert werden muss.

Methode:

Die Datenerhebung erfolgte mittels eines anonymisierten Online-Fragebogens, welcher mit der Software LimeSurvey erstellt wurde. Der Fragebogen bestand aus 13 geschlossenen Fragen zu den Teilthemen „Allgemeine Angaben“, „Häufigkeit der Nutzung digitaler Endgeräte“, „Art der genutzten Medien“ und „aktuelle Bedarfsabdeckungsquote“ an der jeweiligen Schule. Teilgenommen haben insgesamt 88 Schüler:innen der Klassenstufen 5 bis 13. Davon haben 60 den Fragebogen vollständig und 28 nur teilweise ausgefüllt.
Die befragten Schüler:innen waren größtenteils aus der Unter- und Mittelstufe, lediglich 8% der befragten Schüler:innen waren18 Jahre oder älter. Sowohl das Geschlechterverhältnis, als auch die Verteilung von Schüler:innen einer Stadtteilschule (überwiegend Jhg.5-7) und eines Gymnasiums (Vor- und Oberstufe) war sehr ausgeglichen.

Ergebnisse:

Wenn man sich die Ergebnisse der Frage “Häufigkeit der Nutzung digitaler Endgeräte zur Vor-/Nachbereitung von Musikunterricht” anschaut, fällt auf, dass die Mehrheit der befragten Schüler:innen angegeben haben, dass für die Vor- und Nachbereitung des Musikunterrichts selten oder sogar keine digitale Endgeräte genutzt werden. Die Mehrheit der Schüler:innen, die angaben digitale Endgeräte zu nutzen stammen aus höheren Altersgruppen des Gymnasiums . Diese Erkenntnis zieht sich so gut wie durch alle Fragegruppen. Auch bei der Nutzung digitaler Endgeräte während des Musikunterrichts ergab die Umfrage, dass die Mehrheit der befragten Personen, die angaben digitale Endgeräte zu nutzen, auf ein Gymnasium geht. Es bleibt jedoch offen, ob der festgestellte Unterschied vermehrt am Alter oder an der Schulform liegt, da die befragten Schüler:innen der Gymnasien durchschnittlich älter waren als die befragten Schüler:innen der Stadtteilschulen.

Die Auswertung der Fragen zum privaten Gebrauch von digitalen Endgeräten zeigt eine deutlich ungleiche Verteilung zwischen Stadtteilschüler:innen und Gymnasialschüler:innen. Während 22 Gymnasiast:innen regelmäßig (mehr als drei Mal die Woche) digitale Endgeräte nutzen, tun dies insgesamt nur sechs Stadtteilschüler:innen. Auch die Mehrzahl der Stadtteilschüler:innen haben angegeben, digitale Endgeräte für private musikalische Zwecke “nie” zu benutzen. Insgesamt fällt auf, dass Schüler:innen der Gymnasien häufiger angegeben haben, digitale Endgeräte jeglicher Art im privaten Bereich zu nutzen. Dies lässt sich vermutlich auf die unterschiedlichen sozioökonomischen Voraussetzungen zurückführen. Während Schüler:innen eines Gymnasiums größtenteils in bildungsnäheren Haushalten aufwachsen, haben Schüler:innen einer Stadtteilschule im Vergleich durchschnittlich geringere Bildungschancen. Dies zeigt sich auch darin, dass eine deutliche Minderheit derjenigen Schüler:innen, die angegeben haben, digitale Endgeräte im Privatbereich zum Komponieren oder als Metronom oder Stimmgerät zu nutzen, eine Stadtteilschule besuchen. Bildungsnähe geht – allein der finanziellen Aufstellung wegen – häufig auch mit unterschiedlichen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung einher, weswegen zu vermuten ist, dass die Kinder eines Gymnasiums häufiger musikalische Aktivitäten wie beispielsweise das Spielen eines Instruments oder das Arbeiten mit speziellen Musikprogrammen und/oder -softwares zum Hobby haben. Vor diesem Hintergrund scheinen die Ergebnisse der durchgeführten Umfrage die Vermutungen, die ohnehin über die Unterschiede von gesellschaftlichen Voraussetzungen anzustellen sind, zu unterstreichen. 

Wenn man die schulischen und privaten Antworten miteinander vergleicht, wird deutlich, wie essentiell die Aufgabe der Schulen ist, sozioökonomische Unterschiede so gut es geht auszugleichen. Wie die Auswertungen der Fragengruppe zu digitalen Endgeräten im schulischen Musikunterricht zeigen, sind die Voraussetzungen dafür bereits vorhanden. Denn Smartboards und Tablets sind den Angaben nach sowohl an Stadtteilschulen als auch an Gymnasien vorhanden und werden genutzt. Die Fragen nach einer häufigeren Nutzung im Musikunterricht zeigen eine deutliche Tendenz zur Zustimmung, unabhängig von der Altersgruppe, des Geschlechts und der Schulform. Dies zeigt einen Widerspruch zu der darauffolgenden Frage: Einerseits wünscht sich der Großteil aller befragten Schüler:innen eine häufigere Nutzung digitaler Endgeräte im Musikunterricht, andererseits wurde angegeben, dass die aktuelle Nutzung digitaler Endgeräte im Musikunterricht als sinnvoll angesehen wird. Eine mögliche Erklärung für diese eigentlich entgegengesetzte Beantwortung der Fragen könnte darin liegen, dass die Schüler:innen keine Vorstellungen darüber besitzen, welche weiteren Möglichkeiten die Nutzung digitaler Endgeräte im musikalischen Bereich überhaupt noch zu bieten hätte. So wurde die Frage danach, welche Art der Nutzung digitaler Endgeräte sich die Schüler*innen im eigenen Musikunterricht wünschen, mehrheitlich mit simplen Aktivitäten wie “Musik hören” beantwortet. Nur etwa ein Drittel der Befragten gab an, digitale Medien für das Musizieren im schulischen Unterricht zu verwenden.

Abschließend muss erwähnt werden, dass dafür, dass Digitalisierung im Alltag einen so hohen und selbstverständlichen Stellenwert hat, die Nutzung digitaler Möglichkeiten an Schulen hinterher zu hinken scheint. Gerade im musikalischen Bereich werden die vielen Möglichkeiten, die digitale Endgeräte mit ihren entsprechenden Programmen und Apps bieten, nicht ausgeschöpft. Somit bildet der schulische Musikunterricht, der größtenteils analog arbeitet, gar nicht die eigentliche Bandbreite der Arbeitsweisen ab, wie sie heutzutage zur Verfügung stehen.