Inwiefern verschiebt sich der Sozialraum Schule während der Corona-Pandemie unter dem Einfluss sozio-ökonomischer Ungleichheit?
Forschungswerkstatt: „Mediatisierte Sozialräume von Kindern und Jugendlichen“ 2021/22 – Eric Müller
Autor*innen: Hannah Löschenkohl, Nina Schwabe
Zusammenfassung:
Das Forschungsvorhaben richtet sich nach der Leitfrage: Inwiefern verschiebt sich der Sozialraum Schule während der Corona-Pandemie unter dem Einfluss sozio-ökonomischer Ungleichheit? Es wird die Verschiebung des Sozialraums Schule in den digitalen Raum in Zeiten der Corona-Pandemie untersucht. Schüler:innen dieser Zeit haben eine neue Art Unterricht zu erleben kennengelernt, als sie durch die vom Staat angeordnete soziale Isolation und Schulschließung von zuhause aus unterrichtet wurden. Dieses sogenannte Homeschooling, bei dem die Schüler:innen während ihrer Arbeit von digitalen Medien unterstützt wurden, war das zentrale Modell während der Pandemie. In dieser Arbeit liegt der Fokus darauf, wie sich der Sozialraum Schule als Ort und als Kommunikationspraxis in dieser Zeit neu konstituiert. Es wird erforscht, inwiefern Schule auch im eigenen Zuhause funktionieren kann und inwiefern sich die Räume Schule und Zuhause verändern. Auch spielen hierbei die sozialen Medien eine übergeordnete Rolle, wenn Homeschooling gemeinsam nur stattfinden kann, wenn sich die Schüler:innen und Lehrer:innen nur durch eine übergeordnete digitale Konstitution vernetzen können. Um diese Verschiebung und Neukonstitution in ihrer Vielfalt erfassen zu können, wurde zusätzlich ein Augenmerk auf den Einfluss des sozio-ökonomischen Hintergrunds gelegt. Es wurde betrachtet, inwiefern die soziale Herkunft und die damit einhergehenden Ressourcen, Auswirkungen auf die Teilhabe an dieser Verschiebung haben. Hierzu wurden Erhebungen an zwei Schulen, in zwei in ihrer sozialräumlichen Konstitution verschiedenen Stadtteilen, erfasst. Die Erkenntnisse dieser Forschungsarbeit ergeben sich aus der erarbeiteten Theorie, die sich mit Sozialraumforschung und Raumaneignung Kinder und Jugendlicher beschäftigt (insbesondere nach M. Löw und H. Zeiher & H. Zeiher). Da sich diese Arbeit auf den Raum Hamburg bezieht, werden in der Theorie Daten der Hamburger Stadtentwicklung aufgegriffen.
Methode:
Es handelt sich um qualitative Erhebungen in Form von Interviewgesprächen. Die Interviewgespräche wurden anhand zweier Interviewleitfäden durchgeführt, welche sich bei der Erstellung an dem SPSS-Prinzip, orientieren. Jeweils ein Interviewleitfaden wurde für jede Erhebungsphase entwickelt. Die angefertigten Transkripte der durchgeführten Interviewgespräche wurden nach der Grounded-Theorie-Methodologie ausgewertet. Um einen ersten Einblick in die Erfahrungsbereiche während der Corona-Pandemie zu erlangen, wurden in der ersten Erhebungsphase zwei Lehrkräfte verschiedener Hamburger
Schulen interviewt. Da ein besonderer Fokus dieser Arbeit auf der sozio-ökonomischen Ungleichheit liegt, wurden zwei Schulen mit unterschiedlichem Sozialindex ausgewählt. Dabei wurde angenommen, dass sich die Blickwinkel dieser beiden Lehrkräfte unterscheiden, aufgrund des unterschiedlich hohen Sozialindexes der Schulen. Um den Blickwinkel der Sozialraumverschiebung zu erweitern, wurden in der zweiten Erhebungsphase zwei Einzelinterviews mit Schüler:innen durchgeführt.
Ergebnisse:
Die Forschung hat ergeben, dass es grundsätzlich eine Verbindung des Sozialraums Schule mit
dem eigenen Zuhause gab. Die Schulschließung in Folge der Corona-Pandemie forderte, dass die Kinder von zuhause aus beschult wurden. Der Raum Schule, wie er sich bis zu dem Zeitpunkt konstituierte, existierte aber nicht mehr. Schule wurde von zuhause aus durch das Homeschooling ermöglicht. Hierbei sind Unterschiede bei den beiden Schüler:innen durch ihren sozio-ökonomischen Hintergrund festzustellen: Die Schülerin aus Eilbek hatte einen erschwerten Zugang zum Homeschooling, während der Schüler aus Groß Flottbek problemlos weiterhin beschult werden konnte. Es wurde in Anknüpfung an die Sozialraumtheorien von Zeiher & Zeiher und Martina Löw eine Erweiterung der Theorie erdacht. Vor dem Hintergrund, dass Homeschooling nur durch neue Medien wie ein IPad und einen stabilen Internetzugang möglich sein kann, fehlt in der bisher bestehenden Raumtheorie die Komponente des virtuellen Raums. Daher wurde die Raumtheorie erweitert, indem der virtuelle Raum eingegliedert wurde – hier wurde in zwei Theorien differenziert. Es ergab sich die eine Theorie, dass die absoluten Räume durch die virtuellen Räume verbunden werden (Abb. 1). Eine weitere Theorie ergibt sich, dass ein ganz neuer Raum, genannt Homeschooling, durch die Synthese aus den absoluten Räumen „Schule“ und „Zuhause“, entsteht (Abb. 2).
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