Worin liegen die didaktischen Potenziale von Mobile/Browser-Games im Geschichtsunterricht für einen didaktischen Mehrwert allgemein und im Vergleich zu traditionellen Print-Medien?

Forschungswerkstatt: „Medienbildung und Schulentwicklung. Methoden und Konzepte auf dem Prüfstand“ 2020/21 – Andreas Hedrich

Autor*innen: Charly Morr

Zusammenfassung:

„Bietet der Einsatz von Mobile-Games im Geschichtsunterricht einen didaktischen Mehrwert?

Dieser Frage sollte mithilfe des ägyptisch inspirierten Aufbau-Strategiespiels „Anocris“ nachgegangen werden. Dabei führte ich Leitfragteninterviews mit SchülerInnen, die zuvor „Anocris“ gespielt hatten und einer Kontrollgruppe von SchülerInnen, die einen Sachbuchartikel zum Thema „Altes Ägypten“ lesen sollten. Die vorliegende Untersuchung in einer 5. Klasse (Gymnasium) zielte auf erste Hypothese ab, der in größeren Studien weiter nachgegangen werden könnte.

Methode: Eine kleine leistungsheterogene Auswahl von Schülern/Schülerinnen aus einer 5. Klasse eines Gymnasiums spielte „Anocris“ im Browser eines Schul-Laptops 20 Minuten lang. Die Kontrollgruppe hatte ebenfalls 20 Minuten Zeit, um einen Sachbuchartikel zum Thema „Altes Ägypten“ zu lesen. Im Anschluss erfolgte ein Leitfrageninterview, in dem zum einen das erworbene Wissen abgefragt wurde und zum anderen Aspekte wie Zugänglichkeit des Materials oder Vermittlung von Atmosphäre im Fokus standen. Nach den Interviews erfolgte die Transkription der aufgezeichneten Interviews. Der nächste Schritt beinhaltete die Einordnung des Textinhalts in ein Kategorienschema. Die Kategorien wurden induktiv gebildet, d. h. erst nachträglich aus dem Text gewonnen, sodass der Text systematisch auf seinen Kern reduziert wurde. Im letzten Schritt wurden die herausgearbeiteten Kategorien als Grundlage für die einzelnen Kapitel der Auswertung herangezogen.

Ergebnisse: In Hinblick auf den Wissenszuwachs habe ich allen teilnehmenden SchülerInnen Fragen zum Thema „Altes Ägypten“ gestellt. Beide Gruppen schnitten bei der Beantwortung der gestellten Fragen ähnlich gut ab. Insofern scheint das didaktische Potenzial von Browser-Games nicht auf der Ebene des reinen Faktenwissens zu liegen. Eine Schülerin aus der „Games-Gruppe“ sprach die Abhängigkeit der Bevölkerung im Alten Ägypten vom Nil als Wasserspender an und zog einen Vergleich zum Leben in der Gegenwart, der Historizitätsbewusstsein offenbart. Eher computeraffine LernerInnen hatten den Eindruck, dass Geschichte in „Anocris“ anschaulicher als in einem Buch vermittelt würde. dem steht die Auffassung von zwei TeilnehmerInnen der „Text-Gruppe“ gegenüber, in deren Augen Computerspiele ein verfälschtes, künstliches Bild von Geschichte zeichnen würden. Die Kategorie „Spaß am Spiel“ als Lernmotivation im Browser-Game „Anocris“ lässt sich anhand des vorliegenden Interviewmaterials aufteilen in „Spaß an der Rollenübernahme“ (im Fall von „Anocris“ die Rolle eines altägyptischen Pharaos), „Spaß am Belohnungssystem“ und „Spaß am Aufbau-Strategie-Aspekt“. Der letztgenannte Aspekt wurde von den SchülerInnen am häufigsten genannt.