Forschungsfrage: Wie erleben und deuten Mathematiklehrkräfte Youtube-Mathematikvideos in ihrem Mathematikunterricht?
Forschungswerkstatt: „Medienbildung im Fachunterricht. Games, Tools und Medienkompetenz“ 2022/23 – Andreas Hedrich
Autor*innen: Qani Durguti
Zusammenfassung: Die Videoplattform Youtube ist aus dem Leben von Schüler*innen nicht mehr wegzudenken. Dabei nutzen Jugendliche die Videos nicht nur zu Unterhaltungszwecken, wie die Nachfrage nach unterrichtsbezogenen Inhalten zeigt. Auf Mathematik-Lehrvideos spezialisierte Youtuber gewannen durch ihre Klickzahlen in den vergangenen Jahren öffentliches Interesse.
Mathematik-Lehrvideos geraten jedoch auch immer wieder in die Kritik. Hauptgrund dafür ist der Zweifel an ihrer fachdidaktischen Qualität. Mathematiklehrkräfte haben dabei einen besonderen Einfluss auf die Schnittstelle zwischen der außerschulischen Nutzung der Videos und dem regulären Mathematikunterricht. Aus diesem Grund wurde in der vorliegenden Forschungsarbeit untersucht, wie Lehrkräfte jene Youtube- Mathematikvideos in ihrem Unterricht erleben und deuten.
Methode: Es wurden leitfadengestützte, problemzentrierte Interviews mit zwei Lehrkräften durchgeführt, welche Lehrerfahrungen in den Stufen 5-10 haben und mindestens ein Minimum an Erfahrungen mit Youtube-Mathematikvideos in ihrem Unterricht gesammelt haben. Bezüglich dieser Faktoren fand eine Präselektion bei der Wahl der Befragten statt. Der Leitfaden mit den zugehörigen Fragen wurde durch Heranziehung verwandter empirischer Befunde sowie mit einer explorativen Orientierung erstellt. Dabei lassen sich die Fragen den Bereichen Einsatz, Potenziale und Grenzen von Youtube- Mathematikvideos zuordnen. Die Interviews wurden telefonisch durchgeführt. Die Auswertung erfolgte mittels einer strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring mit einer Kategorienbildung, welche auf den drei Bereichen Einsatz, Potenziale und Grenzen des Interviewleitfadens basiert.
Ergebnisse: Insgesamt haben die befragten Lehrkräfte sehr positive Erfahrungen mit den Youtube-Mathematikvideos gesammelt. Die Youtube-Videos werden regelmäßig eingesetzt, wobei der Einsatz jedoch nicht zwangsläufig geplant wird. Die Lehrkräfte beauftragen fast ausschließlich individuelle Schüler*innen mit dem Anschauen der Videos bzw. ermöglichen es ihnen. Es findet in der Regel keine Auseinandersetzung mit den Videos innerhalb der gesamten Lerngruppe statt. Das Anschauen der Videos wird zudem besonders am Anfang durch Arbeitsaufträge ergänzt. Potenziale sehen die Lehrkräfte vorrangig in der Differenzierung nach Lerntempo durch die Start/Stoppp Funktion und der Differenzierung der Anschauungsmittel und Erklärungsmethoden. Zudem erfahren die Lehrkräfte eine Entlastung im Unterricht, da individuelle Erklärungen für mehrere Schüler*innen zeitlich unabhängig voneinander erfolgen können. Die Grenzen der Videos erkennen die Lehrkräfte besonders in dem fehlenden Feedback durch die Videos, der notwendigen Selbstregulation durch die SuS sowie der Übertragung des erworbenen Wissens auf andere Problemstellungen. Beide Lehrkräfte betonen, dass Lerneffekte ausbleiben können, wenn die Videos „blind“ angeschaut werden.
[hier Bild/Poster]