Was ist das Meinungsbild von verschiedenen Akteuren im Bildungswesen zu dem Konzept eines dualen Lehramtsstudiums?

Forschungswerkstatt: „Medienbildung im Fachunterricht. Games, Tools und Medienkompetenz“ 2022/23 – Andreas Hedrich

Autoren: Nicholas Morten Schöpa & Tim Winkler

Zusammenfassung:
Die eigene Erfahrung im Studium aber auch der Austausch mit anderen Studierenden des Lehramts zeigte bereits mehrfach, dass eine bestimmte Unzufriedenheit mit dem aktuellen Lehramtsstudienmodell besteht. Dies bezieht sich zum einen vor allem auf die großen Mengen an universitär gelehrter Theorie und dem scheinbar geringen Anteil davon, welcher später in der Praxis benötigt wird. Zum anderen wird immer wieder genannt, die Dauer der Praxisphasen im gesamten Studium sei zu kurz.
Das Modell des dualen Studiums, welches für seine Praxisorientiertheit bekannt ist, erscheint als naheliegende Option, dennoch zeigte sich während der Recherche eine erstaunliche Lücke in der Literatur was diesen Gedanken angeht. Nichtsdestotrotz gewinnt es im Licht des drohenden Lehrkräftemangels an Aktualität. Daher soll diese Studie einen ersten Schritt in diese Richtung wagen, indem VertreterInnen verschiedener im Bildungswesen tätiger Gruppen zu diesem Konzept befragt werden, um stichprobenartig ein Meinungsbild erstellen zu können, wie diese Idee von den verschiedenen Gruppen aufgenommen oder vielleicht auch abgelehnt wird. Dazu werden zwei Foki gesetzt: Wie wird die aktuelle Lehrkräfte-Ausbildung gesehen, sprich ist eine Alternative überhaupt notwendig, und was sind Möglichkeiten aber auch Grenzen eines dualen Lehramtsstudiums? Dies kann auch ermöglichen, die Gründe herauszuarbeiten, weshalb dieses Konzept bisher so wenig Aufmerksamkeit erhalten hat.

Methode:

  • Qualitative Experten-Interviews mit einem Interview-Leitfaden
  • Interviewte Gruppen: (Master-)Studierende, Lehrkräfte, Vertretende des LI und universitär Dozierende
  • Transkription der Interviews nach Pehl & Dresing (2018)
  • Auswertung der Interviews nach Mayring (2019)

Ergebnisse:
Die vier Interviews mit einer Gesamtlänge von ca. 254 Minuten liefern sehr deutliche Resultate in Bezug auf den ersten oben genannten Fokus „Wie wird die aktuelle Lehrkräfte-Ausbildung gesehen?“: Von insgesamt 62 Äußerungen zum aktuellen Ausbildungsmodell sind 53 negativer Natur. Dabei fällt besonders auf, dass diese negativen Perspektiven in erster Linie (42 von 53 Äußerungen) aus den Gruppen der Studierenden und der Lehrkräfte stammen, jene Gruppen, die dem Berufsalltag einer Lehrkraft am nächsten sind. Diese nannten vor allem eine schlechte Vorbereitung auf den Berufsalltag und zu geringe Praxisphasen als Hauptkritikpunkte. Dementsprechend positionieren sich diese Gruppen auch äußerst positiv bezüglich der Idee eines dualen Studiums als Alternative. Die aktuelle Form der Lehrkräfte-Ausbildung wird folglich stark bemängelt und besonders die (angehenden) Lehrkräfte sehen viel Potential im Konzept des dualen Lehramtsstudiums.
Hinsichtlich der zweiten Frage „Was sind Möglichkeiten und Grenzen eines dualen Studiums?“ zeigt sich überraschenderweise eine eher ablehnende Grundhaltung zum Konzept eines dualen Lehramtsstudiums, da die Äußerungen zu Bedenken und Grenzen diejenigen zu Vorteilen und Möglichkeiten mit 55 zu 45 überwiegen. Dies wird in Relation gestellt, sobald die genannten Gründe genauer betrachtet werden: Von den 55 ablehnenden Äußerungen fallen ganze 24 auf den einzelnen, aber häufig genannten Grund zurück, dass die Implementierung eines dualen Lehramtsstudiums einen sehr hohen verwaltungstechnischen Aufwand mit sich brächte, um bestehende Strukturen an die neuen Umstände anzupassen. Dies betrifft zum Beispiel die Länge des Vorbereitungsdienstes oder den organisatorischen Aufwand der Verteilung und Begleitung der dualen Studierenden an die bzw. an den Schulen. Der Grund, weshalb dieser Punkt so oft genannt wird liegt in der Vielzahl an Formen, in denen dieser verwaltungstechnische Aufwand zum Tragen kommen kann. Der zweite Grund, auf der eine ablehnenden Haltung oft basiert, ist die Finanzierung, die aktuell noch unklar ist. Dies wären beispielsweise Ansatzpunkte für weitergehende Studien.
Davon abgesehen äußern jedoch alle befragten Gruppen gleichermaßen positiv zu dem Konzept. Besonders oft wird die bessere Berufsvorbereitung genannt. In diese Richtung zielt auch die Äußerung ab, dass die Verzahnung von universitär gelehrter Theorie und real benötigter Praxis in einem dualen Modell besser funktionieren kann. Dies bestätigt, dass die Diskrepanz tatsächlich sehr im Studium und danach auffällt. In Kombination mit der sehr negativen Wahrnehmung des aktuellen Modells zeigt sich, dass ein Bedarf nach Veränderung/Verbesserung auf jeden Fall gegeben ist. Weitere positive Äußerungen zum Konzept des dualen Lehramtsstudiums betreffen die mögliche Kürzung der Studienzeit und im größeren Rahmen auch die Kürzung des Vorbereitungsdienstes. Wie genau solche Kürzungen aussehen könnten, kann aber ebenfalls potentieller Fokus zukünftiger Studien sein.
Insgesamt zeigt sich eine Unzufriedenheit mit dem bestehenden Modell, welches die Studierenden nicht ausreichend auf ihren Übergang in das Bildungssystem vorzubereiten scheint. Die Idee eines dualen Studienmodells wird grundsätzlich begrüßend aufgenommen, allerdings werden der verwaltungstechnische Aufwand und die Finanzierung aktuell als die Hauptargumente dagegen aufgeführt. Diese können auch als möglicher Grund gesehen werden, weshalb die Idee bisher nicht tiefergehend betrachtet wurde. In weiterführenden Studien können diese Punkte genauer analysiert werden, genauso wie eine repräsentative Umfrage zu diesem Konzept unter Lehramtsstudierenden zeigen kann, ob die hier stellvertretend aufgenommene Meinung den Gedanken mehrerer oder gar vieler Studierenden entspricht.