In welchem Verhältnis steht das waldorfpädagogische Konzept von Medienabstinenz zu dem tatsächlichen Nutzungsverhalten der Schüler:innen? Und wie konsequent wird dieses Konzept letztlich umgesetzt?

Forschungswerkstatt: Medienbildung im Fachunterricht. Games, Tools & Medienkompetenz 2022/23 – Andreas Hedrich

Autorin: Marie Gripp

Zusammenfassung: Den Waldorfschulen wird häufig vorgehalten, sie gingen nicht mit der Zeit und ignorierten vor allem den digitalen Fortschritt. Auf Basis erster Beobachtungen während meines Kernpraktikums an der Rudolf-Steiner-Schule Wandsbek fand die Einbindung digitaler Hilfsmittel sowohl sporadisch bis gar nicht statt. Darüber hinaus herrschte ein ausdrückliches Medienverbot auf dem gesamten Schulgelände. Insgesamt nahm ich also eine sehr aversive Haltung digitalen Ressourcen gegenüber wahr. Angeblich beziehe sich die Schule auf ein konkretes Medienkonzept, welches vor einigen Jahren mit in den Schulvertrag integriert wurde. Aufgrund mangelnder Berücksichtigung digitaler Medien im Schulalltag wurde die Umsetzung des Konzepts zunächst in Frage gestellt.
Zum Ende des Schultages holten die Schüler:innen trotzdem ihre Smartphones aus den Taschen. Würde man insofern nicht maßgeblich die Augen vor der Alltagsrealität der Schüler:innen verschließen, wenn man sich weiterhin auf dieses waldorfpädagogische Konzept von Medienerziehung beruft?

Im Rahmen des Projektes wurden Schüler:innen der Schule sowie eine Ehemalige zu der tatsächlichen Umsetzung von Medienarbeit an der Schule näher befragt. Somit konnte geprüft werden, wie gültig die Maßstäbe der Waldorfpädagogik in unserem digital geprägten Zeitalter überhaupt noch sind.

Methode:
– Qualitative Interviews mit 3 Schüler:innen der Rudolf-Steiner-Schule Wandsbek sowie einer Ehemaligen
– Methode des Problemzentrierten Interviews (PZI) nach Witzel
– Auswertung nach der Methodologie der Grounded Theory

Zentrale Ergebnisse: Auch wenn alle Befragten aus eher ‚medienscheuen‘ Elternhäusern stammen, äußersten sie trotzdessen scharfe Kritik an den waldorfpädagogischen Maßnahmen. Insbesondere die unzureichende Grundlagenbildung für die Zukunft sowie die inhaltliche Aufklärung wurden bemängelt. Die Schüler:innen hoben in den Gesprächen sowohl die konservative Einstellung der Lehrkräfte als auch die einschlägig negative Beleuchtung von digitalen Medien hervor. Alle äußerten den Wunsch nach mehr Einbindung digitaler Hilfsmittel in den Unterricht und sahen in der Ignoranz dessen das Verkennen elementaren Potenzials. Überraschenderweise war sich ebenso keiner der Befragten über das schulinterne Medienkonzept bewusst. Insofern sprechen alle diese Aussagen gegen die transparente Handhabung des Medienkonzeptes der Rudolf-Steiner-Schule Wandsbek. Die Forschungsergenisse haben somit gezeigt, dass sich das waldorfpägagogische Konzept als nicht zukunftsfähig erweist.