Forschungswerkstatt: Leistungsbeurteilung und Urteilsverzerrungen – Prof. Dr. Jan Retelsdorf
Autor*innen: Bianca Wallrabe
Kurzzusammenfassung:
Einsprachigkeit als Norm – eine längst überholte Vorstellung der Gesellschaft. Unsere Bevölkerung unterliegt einem konstanten Wandel und eine kontinuierlich wachsende kulturelle und sprachliche Vielfalt der Bevölkerung bildet die Realität. Laut einer Hamburger Studie spricht circa die Hälfte der Schulkinder eine andere Sprache als Deutsch. 1 von 20 Kindern gibt weiterhin an, im familiären Umfeld keinen Kontakt mit der deutschen Sprache zu haben. Circa die Hälfte aller in den Bildungsstandards für das Fach Mathematik geforderten Kompetenzen sind an den Einsatz von sprachlichen Mitteln gebunden. Doch ein Blick in die Schule macht deutlich, wie hoch die sprachliche Barriere seitens vieler Schüler*innen im Mathematikunterricht ist.
Daraus ergab sich für mich folgenden Forschungsfrage:
Inwiefern wirkt sich das Wissen über einen vorliegenden Zweitspracherwerb (DAZ) der Schüler*Innen auf die Leistungsbeurteilung im Mathematikunterricht der Mittelstufe aus?
Methode:
Es erfolgte eine quantitative Datenerhebung anhand eines Online-Fragebogens. Befragt wurden 45 Lehrkräfte und Lehramtsstudierende mit dem Fach Mathematik. Die Teilnehmenden wurden gebeten, eine Schüler*innenlösung zu bewerten (0-15 Punkte). Während die eine Hälfte der Teilnehmenden die Vorinformation erhielt, dass die entsprechende Schülerin Deutsch nicht als ihre Erstsprache spricht, hat die zweite Gruppe keinerlei Informationen bezüglich des sprachlichen Hintergrundes erhalten.
Ergebnisse:
Die Studie ergab, dass durch die Information über einen vorliegenden Zweitspracherwerb die Beurteilung um circa 1,5 Punkte (6,05 vs. 7,50 Punkte) besser ausfiel. Dieser Unterschied war jedoch nicht statistisch signifikant, so dass diese Studie keine Hinweise darauf gibt, dass mehrsprachige Schüler*innen in Mathematik anders beurteilt werden als einsprachige.