Ergebnisse der Forschungswerkstatt zu den Prioritären Themen der Erziehungswissenschaft – Wintersemester 2021/2022
Forschungswerkstatt: Umgang mit Heterogenität: Leistungsbeurteilung und Urteilsverzerrungen (Prof. Dr. Jan Retelsdorf)
Autorin: Anna B.
Zielgruppe: Schule
Zusammenfassung:
Inwiefern unterscheidet sich die Selbstbeurteilung von Schüler:innen von der Leistungsbeurteilung durch Lehrer:innen im Englischunterricht der Grundschule?
Schüler:innen werden immer häufiger dazu aufgefordert sich selbst in ihrem Können einzuschätzen. Es stellt sich die Frage, inwiefern die Fähigkeit zur Beurteilung der eigenen Leistungen bereits bei Schüler:innen der vierten Klasse vorhanden ist. Das vorgestellte Forschungsprojekt hat zum Ziel herauszufinden, wie stark sich die Einschätzungen der Englischlehrer:innen und die Selbsteinschätzung der Schüler:innen unterschieden bzw. wie ähnlich sie sich sind. Erwartet wurde, dass die Selbsteinschätzung der Schüler:innen im Englischunterricht besser ausfällt als die Leistungsbeurteilung durch die Lehrer:innen.
Methode:
Es erfolgte eine Befragung von 47 Schüler:innen in drei vierten Klassen und ihren Englischlehrer:innen zu ihren Leistungen im Englischunterricht durch einen selbst erstellten Fragebogen. Folgende Kriterien wurden von den Schüler:innen und ihren Lehrer:innen eingeschätzt: Motivation im Englischunterricht, Lernfortschritt, Schwierigkeitsempfinden, mündliche Beteiligung, Unterrichtsstörungen sowie das Hör- und Leseverstehen. Die Antworten der Schüler:innen auf den Einschätzungsskalen wurden mit denen der Lehrer:innen verglichen und Abweichungen sowie Übereinstimmungen untersucht.
Ergebnisse:
Es zeigte sich, dass sich die Schüler:innen in den Bereichen Unterrichtsstörungen, Schwierigkeitsempfinden und Leseverstehen signifikant besser einschätzten als die Lehrer:innen, während es bei den Bereichen mündliche Beteiligung und Motivation umgekehrt war. Grundsätzlich zeigten sich jedoch in jeder Kategorie Abweichungen der Beurteilungen.
Die Ergebnisse können an dieser Stelle jedoch keinen Aufschluss darüber geben, wo die Gründe für diese Divergenz liegen. So könnte die Kompetenz zur Selbsteinschätzung von den befragten Schüler:innen einfach allgemein mit größeren Schwierigkeiten verbunden sein, oder aber die Meinungen von Schüler:innen und Lehrer:innen divergieren aufgrund von einer unterschiedlichen Selbst- und Fremdwahrnehmung.
Es werfen sich hierbei neue Fragen auf, nämlich ob die Selbsteinschätzung von Schüler:innen größeren Einfluss auf die Leistungsbeurteilung (z.B. im Zeugnis) durch die Lehrkraft haben sollte. Außerdem ob mehr Lehrer:innen und Schüler:innen Gespräche über die aktuellen Schulleistungen stattfinden müssten, oder ob die in Hamburg bekannten halbjährlichen Lernentwicklungsgespräche dafür ausreichend sind.