Smartphone-Nutzung im DaZ-Spracherwerb bei Erwachsenen
Forschungsfrage: Wie wird die Nutzung des Smartphones als Hilfsmittel im Unterricht für den DaZ-Spracherwerb von den Teilnehmenden beurteilt?
Forschungswerkstatt: „Medienbildung und Schulentwicklung. Methoden und Konzepte auf dem Prüfstand“ 2023/24 – Andreas Hedrich
Autor*innen: Jascha Ebermann und Jana Martens
Zusammenfassung: Als DaZ-Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung haben wir beide, Jana und Jascha, die Erfahrung gemacht, dass das Handy nicht immer sinnvoll eingesetzt wird. Nicht nur kann es zu Ablenkung führen und Gruppendynamiken erschweren, es verändert auch die Art, wie mit Lernprozessen umgegangen wird. Mithilfe von Apps wird vor allem das eigenständige Erschließen und Formulieren von Sätzen übergangen und so ein Kompetenzzuwachs verhindert. Viele scheinen sich dabei nicht über die Konsequenzen ihrer Nutzung im Klaren. Anders als bei SuS kann die Handynutzung den Erwachsenen jedoch nicht einfach untersagt oder vorgeschrieben werden.
Dem Forschungsprojekt lag die Frage zugrunde, inwiefern sich unsere subjektive Wahrnehmung mit der TN-Perspektive deckt. Das Projekt untersuchte, inwiefern Nutzen und Gefahren von den TN reflektiert wurden, wie die Selbsteinschätzung und die Einschätzung der anderen im Kurs im Umgang mit dem Handy ausfällt und welches Lehrerverhalten gewünscht wird. Die internen Relationen der Antworten sollen einerseits eine Tendenz im Nutzungsverhalten und den Bedürfnissen sichtbar machen, andererseits auch einen Beitrag zur Frage leisten, wie mit dem Handy in der Erwachsenenbildung umgegangen werden sollte.
Methode: In Form eines Fragebogens haben wir in 6 verschiedenen DaZ-Kursen 118 Teilnehmende (TN) nach dem eigenen Umgang mit dem Handy gefragt. Wir haben uns für eine quantitative Befragung entschieden, um der Sprachbarriere Rechnung zu tragen und mittels verständlicher und klar strukturierter Fragen vergleichbare Antworten zu erhalten.
Ergebnisse: Das Projekt hat nicht nur unsere subjektive Wahrnehmung durch die Ergebnisse einer quantitativen Analyse bestätigt. Es zeigt auch, dass gerade diejenigen TN mit wenig Medienreflexion häufig für einen besonders freien Umgang plädieren, wohingegen sich bei vielen realistischeren Einschätzungen zugleich auch eine höhere Akzeptanz von Regulierungsmaßnahmen zeigt. Unabhängig davon, ob sich die Ergebnisse in einer größer angelegten Studie reproduzieren, ist es wichtig, die hier sichtbar gewordene Problematik zu diskursiveren und sich auf gemeinsame Kursregeln zu einigen.
Selbst- und Fremdeinschätzung: Viele TN bewerteten sich überdurchschnittlich gut: fast 40 % waren der Meinung, dass sie ihr Handy „eigentlich immer sinnvoll“ nutzten. Die Fremdwahrnehmung dagegen zeichnet ein anderes Bild: Hier stimmt die Bewertung mit unserer Einschätzung von einem sehr durchmischten Umgang überein. Die dieser Diskrepanz entnehmbare Selbstüberschätzung und mangelnde Reflexion entspricht auch einer Analyse von Kreuzrelationen: Ausgerechnet viele derjenigen, die ihr Nutzungsverhalten als besonders sinnvoll bewerteten, gaben an, ihr Handy für Komplett-Übersetzungen mit Apps wie Google Translate im Unterricht zu nutzen.
Ideale Lerhkraft: Einschränkung oder Selbstbestimmung?: Vor allem zeigt sich der Wunsch nach autonomer Handynutzung, die nur im Falle von Ablenkung eingeschränkt werden sollte. Eine Betrachtung der internen Relationen fördert aber zwei weitere Ergebnisse zutage: Gerade diejenigen, die aus fachdidaktischer Perspektive ihr Handy kontraproduktiv nutzen und auf Komplettübersetzungen zurückgreifen, stimmten für die geringste Einschränkung. Diejenigen jedoch, deren Angaben einen bedachten und reflektierten Umgang nahelegten, votierten stärker als alle anderen für eine starke Einschränkung der Handynutzung bis hin zum generellen Verbot im Unterricht. Dies ist umso auffallender, als dass dies impliziert, dass die stärkste Einschränkung gerade von denen gewünscht wird, für die dies Nachteile hätte, da diese ihr Handy bereits als sinnvolles Hilfsmittel im Unterricht verwenden und ein Verbot nicht benötigten.
Umgang mit Apps: Google Translate ist deutlicher Sieger – nicht nur bei den Apps, die negativ bewertet wurden, sondern auch bei den positiven. Mithilfe von Google können komplette Sätze in die Zielsprache übersetzt werden. Ein Nachvollzug der Schritte hinter der Satzbildung ist jedoch unmöglich. Die häufige Nennung als positive App ist signifikant für mangelnde Medienreflexion.