Inwiefern können Lehrkräfte Social Media-Angebote – am Beispiel der Tagesschau – in ihren Unterricht integrieren und welche Auswirkungen hat dies auf die Lernenden?

Forschungswerkstatt: „Medienbildung und Schulentwicklung. Methoden und Konzepte auf dem Prüfstand“ 2021/22 – Andreas Hedrich

Autor:innen: Jannes Stegemann, Philipp Ehrhardt, Imke-Carolin Heuer

Zusammenfassung: „Smartphones und Tablets sind mit ihrer jederzeitigen Verfügbarkeit des Internets und mobiler Anwendungssoftware zum allgegenwärtigen Begleiter geworden“ (KMK 2017). Digitale Medien sind dementsprechend nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Wir wollen diese Chance nutzen und politische Bildung in den Alltag mithilfe sozialer Medien integrieren. Uns interessiert dabei insbesondere der offizielle Instagram-Account der Tagesschau. Durch bildstarke und knappe Zusammenfassung der Inhalte bietet die Tagesschau durch soziale Medien eine gute Möglichkeit, im Alltag auch zufällig auf eine Vielzahl unterschiedlichster Themen zu stoßen.

Damit wir erforschen konnten, wie der Erkenntnisgewinn der genannten Themen gesteigert und beispielsweise mit Inhalten der Fächer Politik und Wirtschaft verknüpft werden kann, haben wir Schüler:innen, welche einen Instagram-Kanal haben, gebeten, der Tagesschau zu folgen, um nach sechs Wochen festzustellen, inwiefern sie einen breit gefächerten Informationsfluss erhalten haben und ob sie sich allgemein mehr mit gesellschaftlichen und politischen Themen beschäftigt haben.

Unter Berücksichtigung des (beiläufigen und unbeachteten) Alltagslernens findet Lernen meist in sozialen Medien statt. Unsere Forschungsfrage knüpft direkt an diese Beobachtung an, da die Frage der didaktischen Potenziale beim Lehren und Lernen in und mit sozialen Medien als große Lernumgebung unmittelbar aufkommt. Der Fokus liegt hierbei auf der Horizonterweiterung durch den Umgang mit Social Media und der möglichen Einbettung in den Unterricht.

Methode: Methodisch haben wir im Bereich der quantitativen empirischen Sozialforschung gearbeitet. Insgesamt wurden 65 Schüler:innen im Alter von 13 bis 15 Jahren von drei unterschiedlichen Gymnasien in einer ersten Umfrage dazu aufgefordert, dem Tagesschau-Kanal auf Instagram zu folgen. Nach sechswöchiger Nutzung führten wir die zweite Umfrage durch. Anschließend haben wir die Ergebnisse der beiden Umfragen miteinander verglichen und auf Veränderungen im Verhalten der Schüler:innen untersucht.

Ergebnisse: Folgende Erkenntnisse wurden durch die Befragung gewonnen:

  • Instagram-Nutzung als Nachrichtenportal von etwa 20% auf knapp 35% gestiegen
    • vorher folgten 25% der Befragten dem Tagesschau-Kanal, nachher wollen 67% der Befragten dem Account weiterhin folgen
  • Austausch gesellschaftlicher Themen über Social Media von 18% auf 42% erheblich gestiegen
    • allerdings findet folglich weniger persönlicher Austausch statt
  • Wissen konnte folgendermaßen im Unterricht integriert werden:
    • Politik: Bundestag, Bundesrat, kleinerer Rahmen (Schulsprecherwahl), Partizipationsmöglichkeiten in der Demokratie (Fridays for Future)
    • Geschichte: Erinnerung historischer Ereignisse
    • Geographie: Klimawandel, Naturkatastrophen
    • allgemein: berichten, Wissensweitergabe (sozialer Austausch), Corona, Fachbegriffe anwenden
  • Kritik für die Einbringung in den Unterricht:
    • das Wissen aus den Nachrichten kann wenig im Unterricht angewendet werden
    • Schulcurriculum ist auf andere Themen ausgelegt
  • Chancen für die Einbringung von Social Media in den Unterricht:
    • nach einmonatiger Durchführung konnten sich Schüler:innen noch besser vorstellen (von 78% auf 92% gestiegen), dass Social Media sinnvoll in den Unterricht integriert werden kann
    • Lebensweltbezug
    • Erkennen von Fake News
    • Cyber Mobbing entgegenwirken
  • Kritik für die Einbringung von Social Media in den Unterricht:
    • Ablenkung
    • Seriosität von Quellen wird falsch bewertet