Wie stellt sich die Wahrnehmung drei ausgewählter Lernvideos aus dem Mittelstufen-Chemieunterricht von deren SuS dar? 

Forschungswerkstatt: „Medienbildung im Fachunterricht. Games, Tools und Medienkompetenz“ 2021/22 – Andreas Hedrich

Autor*innen: Björn Dost, Mattes Kröger, Yousef Aleko

Zusammenfassung: Uns interessiert, was SuS denken, wenn sie Erklärvideos schauen. Vor allem wollten wir erforschen, inwiefern sie die Erfüllung der Qualitätskriterien in den jeweiligen Videos bewerten und wie sie die Videos daraufhin miteinander vergleichen. Für diesen Zweck dienten Videos für den Chemieunterricht der Mittelstufe der Anbieter MussteWissen, SimpleClub und Fackeletry. Aus den erhobenen Daten konnten wir in Bezug auf die folgenden Hypothesen zahlreiche Schlussfolgerungen aufstellen. 

  • Hypothese 1: Die Standardabweichungen der Antworten der SuS sind kleiner als 0,8.
    (Die SuS sind sich also einig hinsichtlich der Erfüllung der jeweiligen Kriterien in den Videos.) 
  • Hypothese 2: Die durchschnittliche Differenz zu den Antworten durch uns Studenten beträgt weniger als die Standardabweichung. (Die SuS nehmen die Videos ähnlich wie wir wahr.)  
  • Hypothese 3: Die von den SuS wahrgenommenen Unterhaltungswerte der Videos korrelieren mit den Gesamtbewertungen auf einem signifikanten Niveau. (Dem Unterhaltungsfaktor kommt bei der Bewertung der Videos eine überdurchschnittliche Bedeutung zu.) 
  • Hypothese 4: Die Antworten zu dem Lernvideo des Anbieters Fackeletry weisen die geringsten Standartabweichungen auf. (Die SuS sind sich einig hinsichtlich der Mängel dieses Videos.)

Methode: Ausgehend von unserer Fragestellung erscheint es uns sinnvoll, eine hohe Anzahl an Probanden zu befragen, um unsere Fragestellung möglichst adäquat beantworten zu können. Daher haben wir uns für eine quantitative Datenerhebung mittels eines Fragebogens entschieden, die wir mit 70 SuS aus den Klassenstufen acht und neun eines Gymnasiums durchgeführt haben. Der Bogen enthält je Videoprobe sieben Aussagen zu der Erfüllung der Kriterien und eine abschließende Frage, die das Ranking der Videos erfordert. Die SuS konnten diesen Aussagen in einer 4-stufigen Likert-Skala ihrer subjektiven Wahrnehmung gemäß zustimmen. Die Aussagen bezogen sich auf folgende Kriterien zur Qualität eines Lernvideos: Verständlichkeit, Interessantheit, Unterhaltung, Relevanz des Themas, Kompaktheit, Struktur und Darstellungen 

Ergebnisse: Basierend auf der statistischen Auswertung der über 1.600 Daten können wir einige Schlussfolgerungen aus unserem Projekt ziehen. Bezüglich der ersten Hypothese haben wir herausgefunden, dass fast alle Werte der Standardabweichung über dem Wert 0,8 liegen. Das bedeutet, dass die SuS die Videos zum großen Teil gestreut/ungleich bewerten. Lediglich einige Antworten zum Video des Anbieters MussteWissen weisen eine geringere Streuung auf. Hier kann die Hypothese in den meisten Kategorien verifiziert werden. Hinsichtlich der zweiten Hypothese können wir sagen, dass sie in 20 von 21 Fällen zutrifft. Die Antworten durch uns Studenten liegen demnach näher am Mittelwert der Schülerschaft, als die durchschnittliche Antwort jeder/jedes SuS selbst. Unser Ergebnis zur Erforschung der dritten Hypothese fällt negativ aus. Die wahrgenommene Unterhaltung der SuS in einem Video korreliert in keinem Fall auf einem signifikanten Niveau mit der Gesamtbewertung der jeweiligen Videos. Auch die Korrelationen der anderen Kriterien weisen keine signifikante Korrelation mit der Gesamtbewertung auf. Ausgehen von dem deutlichen Vorsprung des Videos von MussteWissen können wir jedoch den jeweiligen Einfluss einer Kategorie durch die Differenzen der Antworten abschätzen. So erhalten wir Indizien dafür, dass der Gesamtschülerschaft die Passung der Darstellungen am wichtigsten ist und der Unterhaltungsfaktor sogar die geringste Rolle für die Gesamtbewertung spielt. Unsere Vermutung Nummer vier müssen wir ebenfalls als widerlegt betrachten. Es hat sich herausgestellt, dass das Lernvideo dieses Anbieters nicht die geringste, sondern die höchste Standardabweichung aufweist. Daraus schließen wir, dass dieses Video, das objektiv und im Vergleich eher laienhaft produziert wurde, auf ganz unterschiedliche Weise rezipiert wird.